Sucht und Gewalt - in Familien und gegen Kinder
Irgendwo in Deutschland, wahrscheinlich in der Volkshochschule Bremen, hat der Sozialpädagoge Ruthard Stachowske am 6. Juli 2012 einen Vortrag über "Sucht und Gewalt - in Familien und gegen Kinder" gehalten. Das Muster ist immer das Gleiche, erst werden die Kinder aufgezählt, die in Familien auf gewaltsame oder fahrlässige Weise ums Leben gekommen sind, obwohl die Väter, Mütter oder Eltern als Drogenkranke von Jugendämtern und anderen sozialen Einrichtungen betreut worden sind, dann folgt Tabelle auf Tabelle mit Gewalttaten, Störungen und Krankheiten, denen Suchtstoffe zugeordnet werden, abschließend wird eine neue Drogenpolitik gefordert, wobei Stachowske angeblich auf Schuldzuweisungen verzichtet, obwohl sein Referate als Anklage aufgefasst werden können.
Den Tabellen, die dieser Sozialpädagoge präsentiert, könnte jede und jeder beliebig viele andere entgegenhalten, denn wenn es um die Frage geht, mit wem, wie, wo und wann diese Erkenntnisse gewonnen worden sind, flüchtet sich Stachowske in die Formulierung "wir haben". Damit meint er offensichtlich sein Institut für mehrgenerationale Forschung und Therapie (IMFT), das jüngst in die Heiligengeiststraße von Lüneburg umgezogen ist. Die Hausnummer scheint ihm noch nicht geläufig zu sein. In seinem Vortrag vom 6. Juli 2012 gibt er die Hausnummer 9 an, auf seinen Internetseiten die 41.
In Mainz habe ich bei Elisabeth Noelle-Neumann als damalige Chefin des Allensbach-Institutes viele Statistik-Seminare besucht, gewarnt wurden wir vor Fehlern bei der Entwicklung einer Studie, bei der Erhebung und Auswertung von Zahlenmaterial, bei der Formulierung von Fragen, die stets mit Kontrollfragen abgesichert werden müssen, und vor voreiligen, eindimensionalen Schlussfolgerungen wie Kind erlebt Gewalt und wendet deshalb selbst Gewalt an. Wir pflückten wissenschaftliche Untersuchungen auseinander, bis von ihnen nichts mehr übrig blieb. Was uns aber nicht möglich gewesen wäre, wenn wir nicht gewusst hätten, wann, wo, wie und in wessen Auftrag eine Studie entstanden ist.
Beim Studium der Versuchsanordnungen stießen wir auf handwerkliche Fehler, auf mangelhafte Ausshlussverfahren und auf Zufallskorrelationen, die eine Untersuchung wertlos machten. Manchmal gab es auch keine Kontrollgruppe, die den gleichen Anforderungen genügte wie die Gruppe, die Untersuchugsgegenstand war.
Auch am 6. Juli 2012 hat Stachowske seine Zuhörerinnen und Zuhörer jeder Möglichkeit einer kritischen Betrachtung beraubt. Hinzu kommt, dass dieser Sozialpädagoge bis Anfang Juli 2011 unter dem Dach der Sucht- und Jugendhilfe die Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch geleitet hat und dort unzähligen Erfahrungsberichten zufolge selbst Gewalt ausübte. Die Zahl der Therapeuten, die seine Ex-Klientinnen und Ex-Klienten behandeln müssen, steigt immer noch. Die Ursachen dafür sind sicherlich vielschichtiger als die ebenfalls nur eindimensionale These "Stachowske ist an allem Schuld".
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