Samstag, 3. Dezember 2011

Werbung

3. Dezember 2011
Kinder oder Einrichtung: Wer leidet unter Störungsbildern?

Als Auszubildender zum Industriekaufmann, als Student der Volkswirtschaftslehre und als Redakteur habe ich gelernt: Stellenangebote sind auch immer Werbung für Unternehmen, sollten also so verfasst werden, dass die Firma in positives Licht getaucht wird.

Nun schauen wir uns einmal diese Anzeige auf den Internet-Seiten der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch an (Hervorhebungen von mir):

"In der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch ist zum 1. Februar 2012 die Stelle

einer Erzieherin/ eines Erziehers mit 38,5 Wochenstunden

zur Vertretung einer Elternzeit für 1 Jahr
im Bereich der Förderung der Kinder in der Altersgruppe der 2- bis 10-Jährigen zu besetzen.

Da die Kinder in aller Regel durch sehr deutliche Entwicklungsverzögerungen und komplexe Störungsbilder beeinträchtigt sind, möchten wir die Stelle durch eine Kollegin/einen Kollegen besetzen, die/der

eine profunde Berufserfahrung in der Arbeit mit komplex gestörten Kindern und Jugendlichen nachweisen kann, an Weiterbildung im Bereich der Förderung von entwicklungsverzögerten, wahrnehmungsgestörten und/oder behinderten Kindern teilgenommen hat, über heilpädagogische Qualitäten verfügt. Wir bieten

eine angemessene Unterstützung und ein Konzept zur Einarbeitung in die Arbeit mit diesen besonders belasteten Kindern, eine interne Fachberatung und Supervision, eine gut strukturierte und fachlich vorbereitete Gruppenarbeit, ein interessantes Konzept mit einem hohen fachlichen und qualitativen Anspruch."

Erste Feststellung: Der Text könnte von dem fristlos entlassenen Leiter der Einrichtung stammen. Zweite Feststellung: Alle mir bekannten Kinder, die in dieser Einrichtung gewesen sind, haben sich erst gut entwickelt, wenn sie nicht mehr dort waren. Dritte Feststellung: An der Spitze der Einrichtung hat es eine Veränderung gegeben. Dritte Feststellung und Frage: Eine personelle Veränderung und welche Veränderungen beim Personal hat es sonst noch gegeben?

Und was heißt "in aller Regel" deutlich entwicklungsverzögert und mit "komplexen Störungsbildern" belastet? Wegen des langen Aufenthaltes in der Einrichtung? Oder sind die Kinder, die zu Zeiten von Ruthard Stachowske in der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch gewesen sind, nicht mehr dort, betreut also die gesuchte Erzieherin oder der gesuchte Erzieher ab 1. Februar 2012 neue Kinder? Woher weiß die Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch in diesem Falle schon jetzt, worunter die meisten Kinder, die nächstes Jahr kommen, leiden werden? Oder nimmt man dann nur noch Kinder, die vorher bei einem Experten gewesen sind?

Und was ist mit den Störungsbildern der Einrichtung? Ruthard Stachowske wehrt sich gegen seine fristlose Entlassung, das Verfahren wird noch mindestens sechs Monate dauern, in der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch hat er viele Anhängerinnen, im Jugendamt von Lüneburg sitzen Verbündete von ihm. Ein weibliches Teammitglied ist und bleibt auch öffentlich Verfechterin dubioser Therapiemethoden. Mehrere Kinder werden von Ex-Klientinnen und Ex-Klienten betreut.

Stellen wir uns einmal vor: Diese Erzieherin oder dieser Erzieher hat sich in seriösen Einrichtungen qualifiziert. Bekäme die oder der doch sogleich ein Störungsbild, wenn ihr Kinder begegnen, die mindestens die Hälfe ihrer Kindheit in der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch verbracht haben und nach Hause wollen. Setzte die oder der sich für eine Rückkehr ein - wer wäre hilfreich? Dürfte er oder sie wirklich auf eine "angemessene Unterstützung" hoffen?

Hat dafür eigentlich jemand den Kopf frei? Gibt es in der Einrichtung jemanden, der die Erzieherin oder den Erzieher auf die Minenfelder innerhalb und außerhalb der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch aufmerksam machen würde, damit die neue Arbeitskraft nicht schon nach wenigen Wochen schlapp macht?

Dürfte die Erzieherin oder der Erzieher Kindern sagen, dass sie bald wieder bei ihren Eltern sind, falls eine Rückkehr möglich ist? Dürfte die Erzieherin oder der Erzieher auch nach anderen Möglichkeiten suchen - also Omas und Opas, Tanten und Onkel fragen, ob sie sich um die Kleinen kümmern können?

Von wegen! Widerstand käme nicht nur aus den eigenen Reihen, sondern auch aus dem Jugendamt von Lüneburg. Dieser Behörde muss man mit Klage drohen, wenn sich etwas bewegen soll. Die Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch kann dem Jugendamt von Lüneburg aber gar nicht mit Klage drohen. Einrichtung und Behörde sind miteinander verzahnt. Auch heute noch gibt dieses Jugendamt Betroffenen Anweisungen für den Umgang mit Klientinnen und Klienten in der Einrichtung! Sicherlich nicht ohne Absprache mit der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch!

Ehrlich wäre also dieses Stellenangebot: "Wir sind eine Einrichtung, die in aller Regel die Entwicklung von Kindern verzögert hat. So manchem Kind sind Störungsbilder angedichtet worden, die es so oder anders anschließend in aller Regel nur gegeben hat, wenn diese Kinder jahrelang in unserer Einrichtung waren. Sie sollten also Erfahrung haben mit der Bewältigung von hausgemachten Problemen. Setzt sich das Jugendamt von Lüneburg mit Ihnen in Verbindung, haben Sie zu kuschen. Sollten Betroffene oder Außenstehende erfahren, dass Sie gekuscht haben, brechen Sie sofort alle Kontakte ab."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen