Mittwoch, 5. Oktober 2011

Sprachmüll IV

5. Oktober 2011
Flucht trotz engmaschiger Kontrolle

Sitzt ein Jugendamtsmitarbeiter an seinem Schreibtisch. Blättert in einer Akte. Klingelt das Telefon. Am Apparat ist die Sozialpädagogin Arnhild Sobot von der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch (TG). Sobot ist aufgeregt. Regt sich auf. Eine Mutter ist entwichen. Wurde gestern von einem "Fremden" abgeholt. Kann Sobot nicht fassen: "Wir haben die Frau engmaschig kontrolliert."

Notiert sich der Jugendamtsmitarbeiter. "Engmaschig kontrolliert." Auf der Flucht habe ihr diese Mutter SMS geschickt. Arnhild Sobot bleibt außer sich: "Diese Mutter ist so gerissen. Die ist so raffiniert. So was haben wir noch nie erlebt." Mit normalen Mitteln der Beweisführung sei dieser Frau nicht beizukommen. Wenn die den Mund aufmache, lüge sie, sei wie ein Zwang.

Auch das hält dieser Jugendamtsmitarbeiter schriftlich fest: "Sobot meint, dass diese Mutter nur zwei, drei Wochen drogenfrei bleiben wird. Sollte ihr Kind nun in eine Pflegefamilie kommen, muss für die Mutter eine Kontaktsperre erlassen werden. Sonst macht diese Mutter auch noch die Pflegefamilie mundtot."

Merke: Die Mutter ist erst seit wenigen Stunden nicht mehr in der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch und schon redet Arnhild Sobot von einer Pflegefamilie und von Kontaktsperre. Das Gespräch zwischen Jugendamtsmitarbeiter und Sobot findet am 25. September 2007 statt. Die Mutter ist heute noch "drogenfrei", das Kind längst wieder bei ihr.

Der Jugendamtsmitarbeiter legt auf. Wieder klingelt sein Telefon. Am Apparat ist die Mutter, die aus der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch ausgerissen ist. Jugendamtsmitarbeiter und Mutter vereinbaren einen Termin: 2. Oktober 2007, 15 Uhr.

Behauptet hat Arnhild Sobot bei ihrem Anruf auch: "Das Kind spielt für diese Mutter keine Rolle." Deshalb ruft diese Mutter nach ihrer Flucht unverzüglich das Jugendamt an?

Merke ebenfalls: Diese Mutter hat sich um einen Platz in der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch beworben, bekam ihn schließlich und stellte schnell fest: "Diese Einrichtung ist nichts für mich." Warum das so gewesen ist, begründet sie einige Wochen nach ihrer Flucht in einem Brief an die TG: "Ich bin am Dienstag zu einer Anwältin gegangen und habe versucht, ein vernünftiges Gespräch anzufangen. Da erst habe ich begriffen, wie man in drei Monaten verrückt gemacht werden kann. Ich bin froh, dass ich Ihre Einrichtung wieder verlassen habe."

Das Kind dieser Mutter sagt zwei Jahre später bei einem Spaziergang zu mir: "Die in der TG haben eine Meise."

Georg Wiegand von der Rentenversicherung Braunschweig-Hannover dagegen stellt Ruthard Stachowske als damaligem TG-Leiter am 28. April 2010 eine Bescheinigung aus, in der steht: "Bei der Einrichtung Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch handelt es sich um ein Fachkrankenhaus, in dem schwer drogenabhängige Männer und Frauen Leistungen zur medizinischen Rehabilation erhalten, um künftig am Erwerbsleben  und an der Gesellschaft wieder teilhaben zu können. In die Fachklinik Wilschenbruch können ebenfalls behandlungsbedürftige Kinder von ihren Eltern mitgebracht werden, wenn die zuständigen Jugendämter als Kosten- und Leistungsträger zugestimmt haben."

Zu jener Zeit ist längst die Frage aufgetaucht, welche Titel Ruthard Stachowske tatsächlich hat und welche nicht. Die Behauptung, er sei approbierter psychologischer Psychotherapeut für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ließ er aus dem Netz wieder verschwinden, als ich mit meinen Recherchen begann. Auch eine Frau, die mit einem psychologischen Psychotherapeuten verheiratet ist, schaltete sich ein und bat Stachowske um Aufklärung.

Schriftlich zur Antwort bekam sie am 31. Oktober 2009: "Die Fragen, die Sie ansprechen, sind so einfach nicht zu beantworten. Sie werden verstehen, dass ich persönliche Dokumente und auch nicht jede Frage zur persönlichen und beruflichen Entwicklung jederzeit an Dritte weitergeben möchte." Alles Weitere könne man in einem persönlichen Gespräch klären. Das lehnte diese Frau ab. Für sie stand fest und mailte das an Stachowske: "Im Moment müssen wir davon ausgehen, dass Sie mutmaßlich keine Approbationen besitzen und diese deshalb auch nicht vorlegen können." Darauf hat Stachowske nicht mehr reagiert.

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft von Lüneburg gegen ihn auch wegen des Verdachts des Titelmissbrauchs.

Sprachmüll V: Überdeutliche Lügen

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